22.4.09

Ein tolerantes Schloss

Das Bundeskabinett hat beschlossen, das Berliner Stadtschloss wieder aufzubauen. So weit, so gut, zumindest aus Sicht der Schloss-Befürworter.

Aber so einfach geht das natürlich nicht. Der Kaiser ist uns schließlich abhanden gekommen, und als Museum oder Bibliothek ist der Riesenbau auch nicht ausgelastet. Vor allem müssen Kritiker besänftigt werden. Und wie macht man das? Auf der Multikulti-Schiene natürlich, über Begriffe wie "Toleranz" und "Dialog der Kulturen". Das hat auch der zuständige Bundesbauminister Tiefensee verstanden:

"Deutschland ist eine Kulturnation", heißt es in seiner Presseerklärung zur Kabinettsentscheidung. "Das Humboldtforum steht für Toleranz und Völkerverständigung. Es wird eine moderne Plattform für den Dialog der Kulturen in der Mitte Berlins sein. Hier werden Veranstaltungen, Vorträge, Diskussionen zu Globalisierung und kultureller Identität stattfinden."

Vor unserem geistigen Auge baut sich eine Versammlung auf, die dem Neujahrsempfang der Diplomaten aus aller Welt beim Bundespräsidenten ähnelt: Afrikaner in bunten Gewändern unterhalten sich gepflegt mit Schotten im Rock, Sikhs mit Turban, Mexikanern mit Sombrero und holzbeschuhten Holländern. Und dazwischen glücklich lächende Friedensaktivisten, Globalisierungsgegner und andere Nichtregierungsorganisierte. Dann hat das in "Humboldtforum" umgetaufte Stadtschloss auch wirklich seine Existenzberechtigung gefunden.