2.4.07

Antisemitismus beim Berliner Polizeinachwuchs

Bei einer Lehrveranstaltung unter Berliner Polizeischülern über die Judenvernichtung muss, so genau kann das keiner mehr sagen, irgendwie in oder am Rande der Veranstaltung oder Unterrichtsstunde von einem oder mehreren Jungpolizisten sinngemäß geäußert worden sein, man wolle nicht ständig über den Holocaust belehrt werden. Das geschah in Gegenwart eines 83-jähriger Holocaust-Überlebenden.

Der Fall wurde von Radio und Zeitungen umgehend mit großer Empörung zum „antisemitischen Vorfall in der Berliner Polizei“ erklärt. Es wurde angedeutet – es war ja nicht wirklich so – bei der Polizei werde der Holocaust geleugnet. Der Polizeipräsident sprach als erster in einer Rede entschuldigend von dem Fall, der Innensenator erwog die Entlassung des oder der Betroffenen, so sie denn ausfindig zu machen seien.

Die Eigendynamik war nicht mehr aufzuhalten. Politik und Presse nutzten den willkommenen Anlass, sich auf die Schulter zu klopfen, was für aufmerksame, aufrechte Menschen und Institutionen sie seien, die schon den Anfängen energisch wehrten.

Rechtsradikalismus darf in der Polizei keinen Platz haben. Aber die reflexhafte Gleichschaltung sollte in einer freien Gesellschaft auch keinen Platz haben. Doch wird stattdessen nicht nur jede laute, sondern auch jede leise Äußerung zur Frage der möglichweise manchmal übertriebenen Belehrung mit der Vergangenheit sofort als „antisemitisch“ niedergebügelt. Darüber nachzudenken, wie viel Schuldgefühl-Infiltrierung jungen Menschen zuzumuten ist, die zwar historische, aber keine persönliche Verantwortung tragen – ist strrrrrrreng verboten!, denn der Nachdenker würde sofort selbst in Antisemitismusverdacht geraten.