21.12.06

Gabriel versus Claassen: Einer wird gewinnen

Was ein Zweikampf, und nur einer kann gewinnen. In der linken Ecke: Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), 47, in der anderen: Vorstandschef Utz Claassen (EnBW), 43. Die zwei haben einiges gemeinsam. Beide sind aus Niedersachsen, beide haben die Figur eines Sumoringers, beide haben eine Mission. Nur verträgt sich die eine nicht mit der anderen.

Claassen hat bei Gabriel einen Antrag auf Laufzeitverlängerung des Atommeilers Neckarwestheim I gestellt. Dafür soll Neckarwestheim II entsprechend kürzer laufen. Zwei parallel laufende Blöcke seien ökonomischer als einer alleine - "Synergieeffekte" bei Personal, Einkauf, Reparatur. Diese Strom-Umschichtung zwischen zwei Kraftwerksblöcken steht im Einklang mit dem Atomkonsens von 2000. Die Idee der Umschichtung ist zwar die, ältere Meiler früher stillzulegen und modernere dafür länger laufen zu lassen, aber davon steht so nichts im Vertrag.
Eigentlich soll Neckarwestheim I schon 2009 abgeschaltet werden, kurz vor der Bundestagswahl. Das könnte die SPD als Erfolg des Ausstiegsbeschlusses verkaufen. Jetzt will Claassen den Reaktor bis 2017 laufen lassen, und niemand weiß, wie sich bis dahin das tatsächliche und damit das politische Klima entwickeln.
Um Gabriel zu ärgern, hat Claassen den 23-seitigen Antrag zur Kenntnisnahme auch ans Kanzleramt und ans Wirtschaftsministerium geschickt. Dort sitzen jeweils Atomkraft-freundliche Politiker an der Spitze.

Um Claassen zu ärgern, hat sich Gabriel eine Bedenkzeit von mehreren Monaten erbeten und mit den Worten begleitet, die Prüfungsdauer hänge "von der Qualität des Antrags" ab.

Aber gerissen, wie Claassen ist, erklärt er sich vordergründig mit Gabriel solidarisch: Auf dem Klimagipfel in Nairobi nämlich hatte der Umweltminister versprochen, Deutschland werde weiter seine "Vorreiterrolle" beim Klimaschutz spielen und den Kohlendioxidausstoß bis 2020 um 40 Prozent senken. Claassen: "Ich begrüße diese Forderung." Aber natürlich sei das ohne den fortgesetzten Einsatz von Atomkraftwerken nicht zu schaffen.
Jetzt sitzt Gabriel in der Fall. Bei dessen Zustimmung zum Antrag hat der EnBW-Chef sofort gewonnen. Sein Alt-Meiler läuft dann erst einmal ein paar Legislaturperioden unter Vollast weiter, und Gabriel hat alle Öko-Verbände der Republik gegen sich. Bei einer Ablehnung wird Claassen vor Gericht ziehen, "im Namen der Kunden, der Aktionäre und das Klimaschutzes". Wer wollte da widersprechen? Schließlich hat EnBW vor kurzem den ersten "Deutschen Klimaschutzkongress" mit namhaften Wissenschaftlern veranstaltet, und spätestens jetzt weiß jeder, warum.
Selbst wenn der Minister Recht zugesprochen bekommt, hat er immer noch nicht gewonnen. Denn dann lässt Claasen ("die Lichter im Südwesten gehen sicher nicht aus") eben ein Kohlekraftwerk bauen. Ätsch.

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