Berliner Seifenoper

31.10.06

Britische Klimastudie: Die Welt geht unter

Die britische Regierung hat eine Klimastudie in Auftrag gegeben, die das gewünschte Ergebnis liefert. Wenn wir jetzt, so ist darin zu lesen, entschieden gegen die Erderwärmung zu Felde ziehen, dann kostet uns das pro Person und Jahr so um die drei Pfund fünfzig. Wenn wir hingegen nichts tun, landen wir schon bald bei siebzehn Fantastilliarden Talern Folgekosten.

Mit der Studie gibt es nur ein kleines Problem: Möglicherweise ist die Erderwärmung zum Teil oder gar nicht menschengemacht. Das würde bedeuten: Es wird in nächster Zeit so oder so wärmer, egal, was wir tun. Und das wiederum bedeutet: Die Fantastilliarden zahlen wir auch so oder so.

Es wird also teuer. Und weil Deutschland wie immer die Vorrreiterrolle spielen will, wird es für uns extrateuer - und das ohne nennenswerten Effekt auf die Welttemperatur. Dazu ist Deutschland ohnehin zu klein. Obendrein zeichnet sich ab, dass das heißgeliebte Kyoto-Protokoll zur Reduzierung von "Treibhausgasen" - das seinen Hauptwert daraus bezieht, dass die USA es nicht unterschrieben haben - vor dem Scheitern steht. Das hat sich in breiten Kreisen noch gar nicht herumgesprochen.

Ausweg? Keiner, denn die Welt soll ob ihrer Kimasünden ja gerade untergehen, und zwar sprichwörtlich in den Fluten der sieben Weltmeere. Schon die Jahr-2000-Computerumstellung hat uns schwer enttäuscht; es passierte - nichts. Vom globalen Klimawandel erwarten wir etwas mehr Engagement in dieser Sache.

Österreich: SPÖ verpetzt ÖVP

Was machen unsere österreichischen Nachbarn so? Müssen heiraten und hauen sich gegenseitig in die Pfanne.

Während die Koalitionsverhandlungen der Sozialdemokraten (SPÖ) mit der Volkspartei (ÖVP) noch laufen, setzt der Wahlsieger SPÖ mit Hilfe der Grünen und der rechtskonservativen FPÖ einen Untersuchungsausschuss gegen die ÖVP ein - bevor sich das Parlament überhaupt konstituiert hat. Der Ausschuss soll klären, unter welchen Umständen die ÖVP dereinst 18 Eurofighter bestellt hat. Daraufhin brach Volkspartei-Chef und Noch-Kanzler Wolfgang Schüssel die Gespräche erst einmal ab.


Nun handelt es sich bei SPÖ und ÖVP eher um eine Zwangsehe als eine Liebesheirat. Aber ein Minimum an Stil muss sein. Den einzig möglichen Partner bei der Opposition zu verpetzen, gehört nicht dazu. Besonders pikant: Die FPÖ hatte die Jets als damaliger Regierungspartner mitgekauft.
Die vermuteten Ungereimtheiten beim Kauf der Kampfflugzeuge kann Kanzler in spé Alfred Gusenbauer ja als Regierungschef klären, zumal Ausschüsse eigentlich ein Instrument der Opposition sind. Am Ende stürzt das ganze Land über ein Nebenthema in die politische Krise.


30.10.06

Internet: Deutschland mal vorne

Deutschland hängt in der Konsumelektronik ja immer ein wenig hinter der Spitze zurück: Ob Verbreitung von Mobiltelefonen, Flachbildschirmen oder DSL-Anschlüssen - Länder wie Südkorea, Finnland, Austrialien, Kanada, die USA oder die Niederlande haben immer die Nase vorn. Hinzu kommt das Kleben am Platzhirschen Telekom, wie die millionenfachen T-Online-Mailadressen beweisen - als ob es keine nennenswerte Konkurrenz gäbe.
Aber sieh an! Man lässt sich nicht alles gefallen. Bei Internet-Programmen (Browsern) hat Marktführer Microsoft weltweit einen Marktanteil von 86 Prozent, in Deutschland sind es 60 Prozent. Hauptkonkurrent Firefox kommt weltweit auf 11,5 Prozent, in Deutschland aber auf 33 Prozent (Marktforschungsunternehmen Onestat laut FAZ). Das ist umso bemerkswerter, wenn man bedenkt, dass der Internet Explorer von Microsoft auf jedem neuen Computer vorinstalliert ist und Mozillas Firefox erst heruntergeladen werden muss.
Wenn die Deutschen jetzt auch noch ihren Internet- und Telefonanbieter, Strom- und Gaslieferanten so eifrig wechseln wie ihren Browser, wäre für den Wettbewerbsgedanken einiges gewonnen.

29.10.06

Afghanistan: Heuchelei an der Heimatfront

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe (52, SPD), empört sich über die von Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan begangenen „Schändungen“. Die Sache mit den Schädel-Fotos ist unschön, eine entglittene Mutprobe. Das Unschönste daran aber ist die Heuchelei an der Heimatfront: Politiker, die erst Soldaten in Krisen- und Kriegsgebiete schicken und sich dann darüber wundern, dass sich die Jungs nicht ausnahmslos benehmen wie Ordensschwestern.
Nun zu Robbe. Für ihn ist es unbegreiflich, dass „erwachsene Menschen“ so etwas tun können, wie er im Radiointerview sagt. So kann nur jemand mit langer Wehrerfahrung sprechen. Dieser Mann kennt das Leben bei der Truppe! Hat sich durch den Schlamm gerobbt, der Robbe, und war in zahlreichen Out-of-Area-Einsätzen allerlei Stresssituationen ausgesetzt - von wochenlanger Langeweile bis zu nervenaufreibenden Minenräum-Kommandos.
Aufwachen. Robbe war nie bei der Bundeswehr. Nach dem Zivildienst wechselte er direkt in die Politik. Jemand, der das Militär vor allem aus langen Ausschusssitzungen kennt, ist politisch für Soldaten verantwortlich: Wenn das kein Symbol für die Friedfertigkeit unseres Landes ist!
Aus Angst vor Anschlägen spielt Deutschland der Welt nun also Betroffenheit vor. Merkwürdig, dass der Fassungslosigkeits-Pegel im Fall des Ex-Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz nicht einmal halb so hoch steigt. Aber der kommt ja auch nur aus Bremen. Was ist eigentlich, wenn wirklich einmal etwas Ernstes passiert: Wohin soll sich die Empörung noch steigern?