Berliner Seifenoper

25.9.07

Atomgetriebener Transrapid

Die wahre Größe einer Nation und einer Regierung zeigt sich nicht allein in ihrer Effizienz, in nackten Wachstums- und Arbeitsmarktzahlen oder in Reformgesetzen - sie zeigt sich auch in ihrer Fähigkeit zur Verschwendung. So gesehen besitzt Deutschland mit dem geplanten Bau einer Transrapidstrecke wahre Größe. Jeder weiß, dass eine gewöhnliche Schnellbahn etwa ein Zehntel der rechnerisch 50 Millionen Euro pro Kilometer Strecke kosten würde, die das Zukunftsprojekt von gestern verschlingen wird. Jeder weiß, dass die Magnetbahn für Langstrecken konzipiert ist und dort 500 km/h schnell sein kann, aber zwischen dem Flughafen München und dem Hauptbahnhof höchstens die Hälfte schafft. Zwei Milliarden Euro, vermutlich etwas mehr, für einen Flughafenzubringer - das ist purer Luxus, wie wir ihn sonst nur von den Golfstaaten und deren Prestigeprojekten kennen. Mit anderen Worten: Nur weil wir aus Schamgefühl mit den Chinesen gleichziehen wollen, denen wir die Bahn ja schon verkauft haben, sorgen wir dafür, dass die Welt für ein paar Minuten auf uns, auf Bayern, auf München blicken wird.

Hintangestellt werden muss die kleinliche Frage des Energieverbrauchs. Die Kanzlerin bekommt das ohnehin nicht mit, denn sie ist gerade beim UNO-Klimagipfel in New York. Doch alles kein Problem, denn die Magnetbahn wird Atromstrom- und damit CO2-frei betrieben: Frankreichs Präsident Sarkozy erklärt am Hudson gut gelaunt, es sei kriminell, wenn jetzt nichts gegen die Erderwärmung getan werde, und empfiehlt als Gegenmittel französische Kernkraftwerke. Na denn: Gute Fahrt!

13.9.07

Berlin, der Kotzbrocken unter allen Städten

Endlich hat es mal jemand laut gesagt: Berlin ist ein bemitleidenswerter Versagerort, der Kotzbrocken unter den deutschen, ach was, weltweiten Städten, ein nur durch Subventionsmilliarden am Leben gehaltenes, rückständiges, überflüssiges Nichts.

Dieser jemand, der es laut gesagt hat, ist Roland Tichy, Chefredakteur der Wirtschaftswoche und ansonsten einer, der gern mal gegen den Strich bürstet. Hier aber liegt er voll im Trend. Zitate aus dem Editorial der Nummer 37 vom 10. September 2007 über die Zukunft der Städte:

„Frankfurt als Finanzplatz konkurriert nicht mit Berlin, sondern mit London und New York.“ Zack!

„Als Ost-West-Drehscheibe wurde Berlin von Wien abgehängt und wird von Warschau degradiert.“ Batsch!

„Hamburg wehrt sich mit Fantasie gegen das mit Abermilliarden hochgepäppelte, aber innerlich seltsam kraftlose Berlin; die Bürgerstädte Dresden und Leipzig führen vor, wie man aus weniger mehr macht, sich wirtschaftlich und gesellschaftlich neu erfindet.“ Peng!

Kurz gesagt: Alle Städte haben Zukunft – außer Berlin.

Tichy sitzt in der Gewinnerstadt Düsseldorf und drischt auf den Verlierer Berlin ein – und zwar völlig zu Recht: Rot-rote Regierung, Kommunisten an der Macht, das kann nur schiefgehen. Es sind die passenden Worte über die Stadt, deren Funktionen nach 1945 Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Hannover, Bonn und München unter sich aufgeteilt haben. Als bloßer Kostgänger der Wachstumsregionen hat Berlin nun einmal die Existenzberechtigung verloren: Zurück in den märkischen Staub mit dir, du Moloch.

Na gut, als Miniaturausgabe von Canberra, Brasil oder Ottawa hat Berlin vielleicht doch noch eine Chance als dröge politische Verwaltungsstadt verdient - aber auch das nicht wirklich, denn, so Tichy: „Die kraftvolle regionale Vielfalt kontrastiert mit einer Politik auf Bundesebene, die sich zunehmend zentralistisch verengt.“

Aber das macht auch nichts, da „der einheitliche Nationalstaat nur eine schmerzhafte Periode“ ist. Also: Weg mit der Hauptstadt, weg mit dem Nationalstaat, damit sich die Siegerregionen Deutschlands und der Welt endlich ungestört entfalten können.