Berliner Seifenoper

12.7.07

Milde mit Mördern

Brutaler kann ein Verbrechen kaum sein. Zwei 17-Jährige in Mecklenburg-Vorpommern klingeln bei den Eltern eines Freundes und bringen die Ahnungslosen mit Messerstichen um.

Urteil: neuneinhalb Jahre Haft.
Wegen guter Führung werden die beiden mit Mitte 20 aus der Haft entlassen werden, Motto: Schwamm drüber, alles halb so wild, Jungs, jetzt holt erst mal Euer Abi nach.
Die Höchststrafe wären zehn Jahre gewesen. Das ist, in Relation zur Tat, schon nicht viel. Warum wurde diese Strafe nicht verhängt? Weil sich immer irgendein Grund zur Milde finden lässt. Die Heranwachsenden waren betrunken, verwirrt oder egomanisch. Sie habe Computerspiele gespielt oder Drogen genommen. In diesem Fall trifft das alles nicht zu - dafür aber, dass sich ein Motiv nicht finden lässt. Also: zehn Jahre minus sechs Monate für Motivlosigkeit beim Mord.
Die Zahl „10“ wird dabei vom Gericht als Maximum einer Art Tarifverhandlung verstanden, von der es abzurücken gilt – egal, wie abscheulich das Verbrechen war. Würden als Höchststrafe 15 Jahre gelten, dann wäre eben eine "14" herausgekommen und so weiter. In der Summe verdichten sich die Urteile zu dem, was die Richter wirklich wollen: Täterschutz.
Nur als Gedankenspiel für einen makabren Roman: Welche Strafe hätte der Richter verlangt, wenn die jugendlichen Mörder an seiner Tür geklingelt hätten?



7.7.07

Werden Sie Manager bei "Arena"!

Sie wollen im Nu reich werden, und das völlig legal? Ganz einfach: Machen Sie es wie Dejan Jocic und heuern Sie beim Fußball-Bezahlsender „Arena“ als Manager an. Ersteigern Sie anschließend die Rechte zur Live-Übertragung von Bundesligaspielen zu einer beliebigen Summe. Machen Sie sich um das Geld keine Sorgen, das zahlen Ihre Gesellschafter, zwei Kabelfernseh-Firmen. Das sind auch die, die Ihr Gehalt von mehreren hunderttausend Euro im Jahr zahlen.

Halbieren Sie anschließend den Abo-Preis im Vergleich zum bisherigen Anbieter. Werfen Sie dessen ausgeklügeltes „Paket-System“ über Bord, das jeden Fußballfan zwang, gleichzeitig den Heimatkanal oder 80er-Jahre-Krimis mitzuabonnieren, obwohl er nur Schalke gegen Stuttgart sehen wollte. Erzählen Sie den Geldgebern, die Billigpreistaktik würde zu einer Verdopplung der Zuschauerzahl führen. Kaufen Sie dem bisherigen TV-Anbieter einige seiner besten Leute weg. Werfen Sie eine riesige Marketingmaschine an. Das zahlt alles … Sie wissen schon.
Verbreiten Sie großkotzig, Ihr Bezahlfernsehen sei das beste, das es je gegeben hat. Gut machen sich Sprüche wie „mehr fernsehen“, „mehr Bundesliga“, „mehr Fußball“ „mehr Sport“, „näher dran“ und so.
Hat am Ende alles nicht geklappt? Die Verluste sind höher als die Umsätze? „Arena“ steht vor dem Konkurs? Macht nichts. Für Sie ist eine Abfindung in Höhe des ausstehenden Gehalts der Vertrags-Restlaufzeit drin. Als „Macher“ bekommen Sie schnell einen neuen Job, zumal mit gerade erst 35 Jahren, kassieren also eine Zeit lang zwei Gehälter. Dem neuen Arbeitgeber erzählen Sie, dass die Gesellschafter den Karren in den Dreck gefahren haben.
Jetzt können Sie, der Macher, von vorn anfangen. Es gibt viele "Arenas" in Deutschland und anderswo.

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6.7.07

Willkommen in der Bananenrepublik Deutschland

Was gibt’s Neues aus der Bananenrepublik Deutschland? Einiges:

Die Aufzeichnungen des Verteidigungsministeriums zu allen Auslandseinsätzen der Jahre 1999 bis 2003 wurden aufgrund einer technischen Panne leider zerstört. Ministeriumsmitarbeiter und Geheimdienste sind sicher unendlich traurig, dass sie nun zum Fall des einstigen Guantanamo-Insassen Kurnaz nichts mehr beitragen können.

In Sachsen haben Immobilienmakler gemeinsame Sache mit Polizei, Politikern und Richtern gemacht. Bindeglied waren viel Geld und der kostenlose Besuch bei jungen, knackigen, osteuropäischen Prostituierten in Leipzig und Dresden. Jetzt bemühen sich Politiker, Polizei und Richter intensiv darum, dass der Fall niemals aufgeklärt wird.

Die Berliner Polizei hat eine Delegation Kolumbianer, die Demokratie-Erfahrungen sammeln wollten, wegen des Verdachts der Banknotenfälschung stundenlang bis in die Nacht festgehalten. Die Herren und Damen mussten sich entkleiden und sollen dabei gefilmt worden sein. Auslöser der Aktion: Ein defektes Geldschein-Prüfgerät in einem Elektrogeschäft. Ist halt Pech, wenn man in Deutschland südländisch aussieht und dann auch noch nicht deutsch spricht.

Liebe Kolumbianer – ihr seht, hier gibt es eine Menge Demokratie und Rechtsstaat zu studieren, nicht nur am eigenen Leib. Schaut euch doch auch mal Schäubles geplante Sicherheitsgesetze an. Der Fingerabdruck im Pass ist gerade verabschiedet, die Kontrolle aller Internetbesuche und E-Mails sämtlicher Bürger längst beschlossen. Demnächst kommt die Onlinedurchsuchung privater Computer samt richterlicher Pro-Forma-Erlaubnis. Also, trotz allem: herzlich Willkommen in Deutschland!

2.7.07

Ausländische Wissenschaftler raus!

Beim Thema "Zuzug von Forschern und Entwicklern" gibt es zwei Ländergruppen. Die eine bilden die Offenen, die sich über jeden Neuling freuen, Länder wie Österreich oder die Schweiz, Großbritannien oder Irland, die USA oder Kanada. Die andere Gruppe ist Deutschland.
Mit gutem Erfolg hat noch jede Bundesregierung verhindert, dass Fachkräfte aus aller Welt in großer Zahl zu uns kommen. Schließlich hat man über die Jahrzehnte derart viele Millionen Ungelernte und Ungebildete aus aller Welt hereingelassen, dass für die wenigen Spezialisten einfach kein Platz mehr ist.
Weil aber direkte Zuzugsbeschränkungen der Art „keiner darf rein“ einem freiheitlichen Rechtsstaat nicht gut zu Gesicht stehen, gelten zum Glück Gesetze, die in der Realität auf dasselbe hinauslaufen: Mindestgehalt 85.000 Euro, und der Antragsteller muss nachweisen, dass die Stelle nicht durch einen Deutschen besetzt werden kann – ein unmögliches Unterfangen. So macht man das!
Nun unterstützt ausgerechnet Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger, bislang eher durch seine Föhnfrisur als durch politische Innovationskraft aufgefallen, den Vorstoß von Bundesforschungsministerin Schawan, den Zuzug der Hochgebildeten zu erleichtern. 40.000 oder 50.000 Euro Jahresgehalt sollen nun reichen.
Aber da ist Bundesarbeitsminister Müntefering vor. Er sagt kategorisch Nein zu jedem Schlaumeier aus dem Ausland, solange nicht der letzte Niedriglohnjobber als Laubharker im örtlichen Stadtpark untergebracht ist. Müntefering gebührt großes Lob, hebt er sich doch wohltuend von den Sonntagsrednern ab, denen zufolge Deutschland ein "weltoffenes Land" sei oder werden müsse, während wir in Wirklichkeit niemanden von Außerhalb haben wollen.
Wäre ja noch schöner, wenn die hierher kämen und noch zusätzliche "inländische" Arbeitsplätze schaffen würden. Das heißt doch nur: Bei einem Arbeitsmarkt wie dem in Deutschland sind im nächsten Abschwung allesamt wieder arbeitslos, und die Wissenschaftler werden wir nicht mehr los. Nicht nachgeben, Herr Müntefering!