Berliner Seifenoper

11.1.08

Die Bundeswehr rettet die Welt

Nein, die Bundeswehr ist sicher keine wüste Kampftruppe wie ihr historischer Vorläufer Wehrmacht, die halb Europa in Schutt und Asche gelegt hatte. Im Gegenteil: Die Bürger in Uniform vernichten nicht den Planeten, sondern retten ihn.
Wie das? Nicht etwa nur duch humanitäre Hilfsleistungen, sondern vor allem durch aktiven Klimaschutz. Die Truppe hat, wie das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium stolz mitteilt, mit Unterstützung der Energieagentur des Landes binnen Jahresfrist den Energieverbrauch in den Kasernen und der Wehrverwaltung deutschlandweit um 65,3 Millionen Kilowattstunden gesenkt. "Das entspricht 23.000 Tonnen CO2."
Sagenhaft! Im Rahmen der rund eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid, die das Kyoto-Musterland Deutschland jährlich via Gebäude, Autos, Flugzeuge, Kraftwerke und Industrie ausstößt, hat die Bundeswehr ihren wahren Beitrag zur Rettung der Welt geleistet.
Denn wie sagen Klima-Warner doch immer wieder? "Die Gefahr des Klimawandels für die Menschheit ist größer als die durch den radikalislamischen Terrorismus."
Gar nicht dran zu denken ist also, was die Bundeswehr fürs Klima und für die Menschheit leisten könnte, würde sie sich komplett auflösen. Immerhin - durch die ständige Reduzierung der Soldatenzahl sowie die Schließung zahlreicher Standorte ist ein Anfang gemacht.

Labels:

9.1.08

Oettinger und das Kinderprogramm

Nein, es stimmt nicht, dass die Verantwortlichen des TV-Senders SuperRTL den CDU-Politiker Günter Oettinger als "Scheiß-Ministerpräsidenten" bezeichnet haben. Dabei wäre es eigentlich naheliegend. Schließlich hatte der Landesvater Baden-Württembergs bei einem Neujahrsempfang dem Fernsehen eine Mitschuld an der Jugendkriminalität gegeben und war mit den Worten zititert worden: "Es gibt da ein paar Sender wie SuperRTL und so ein Scheiß."
Entweder hat Oettinger schlechte Kinderheits-Erinnerungen an Disney-Zeichentrickfilme: Der fiese Kater zum Beispiel, der immer Banken ausraubt und von einer kleinen Maus gejagt wird. Oder, wahrscheinlicher, er hat nie in den Sender reingeschaut, kennt ihn aber genau - wie unsere Politiker halt so sind. Dabei hat er doch einen Sohn im Teenager-Alter.
Viel schlechter auf das Wohlbefinden von Kindern als das häufige Angucken von gezeichneten Jungs und Mädchen sollen sich übrigens Scheidungen auswirken. Und bei dem Thema kennt sich Oettinger seit neuestem ja bestens aus.

Labels: ,

8.1.08

Hysterie bei SPIEGEL ONLINE

Die Berichterstattung auf SPIEGEL ONLINE über die Präsidentschafts-Vorwahlkampf in den USA nimmt hysterische Züge an. Gleich drei Korrespondenten sind abgestellt, rund um die Uhr über jeden Schritt und Tritt der vielen Kandidaten zu berichten und nichts sonst. Komme, was wolle - fast ständig ist das Thema Aufmacher von Deutschlands beliebtester Online-Zeitung.

Schicke Logos begleiten die schwungvoll-lässigen und meist zu langen Texte, die gelegentlich reißerische Titel tragen wie "Republikaner kapern Obamas Project Change" (gemeint ist "kopieren"). Es muss schon sehr Heftiges in der Heimat passieren, damit es die Genehmigung erhält, nachrichtlich dazwischenzugrätschen.

Der letzte Schrei der Amerika-Anbeter in Hamburg: Ein Zähler, der die Tage bis zur Präsidentschaftswahl rückwärts zählt (und den meisten Computern nervige Ladezeit abverlangt). Die Symbolik liegt auf der Hand: Es sind die letzten Amtstage des verhassten US-Präsidenten George W. Bush. Nach ihm wird, so viel ist sicher, Amerika deutsch: Die USA unterzeichnen das Kyoto-Abkommen, halbieren ihre Treibhausgase, ziehen sich aus Irak zurück, führen die getrenne Müllsammlung und das verlängerte Arbeitslosengeld für Ältere ein und alles wird gut.

Wie geht's weiter? Im Sommer werden sechs Korrespondenten für den Online-Ableger des SPIEGEL schreiben, zu den Parteikongressen neun, zur Wahl im Herbst zwölf, zur Inauguration von Barack Obama - einen anderen Präsidenten kann und will sich SPIEGEL ONLINE nach der ersten Vorwahl in Iowa nicht mehr vorstellen - im Januar 2009 schließlich fünfzehn. Das entspricht dann in etwa der Zahl der Nutzer, die jeden Online-Artikel zu dem Thema wirklich bis zum Ende lesen.

Labels: , , ,